Epilepsie, eine neurologische Erkrankung, an der weltweit etwa 50 Millionen Menschen (das entspricht 1 % der Weltbevölkerung) und in Europa etwa 6 Millionen Menschen leiden. Die Ursachen reichen von neurovaskulären Pathologien, Genetik und Kopftraumata bis hin zu viralen Infektionen oder Komplikationen während der pränatalen Entwicklung. Die meisten Epilepsiepatienten sind über fünfzig Jahre alt - und erkranken auch erst nach dem fünfzigsten Lebensjahr an Epilepsie, was als „spät(er) einsetzende Epilepsie“ bezeichnet wird. Ein grosses Problem ist, dass Patienten mit spät einsetzender Epilepsie auch ein deutlich erhöhtes Demenzrisiko haben. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass spät einsetzende Epilepsie und Schlafstörungen Risikofaktoren für eine Neurodegeneration, auf die man einwirken kann.
Ein Merkmal der Epilepsie sind wiederkehrende spontane Anfälle, die schwer vorherzusagen und oft auch schwer zu kontrollieren sind. Die genaue Überwachung der Hirnaktivität während der Anfälle spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und der wirksamen Behandlung der Epilepsie und sie ermöglicht individuelle Behandlungspläne für jeden einzelnen Patienten. In der Regel erfordert die Behandlung von Epilepsiepatienten viele Krankenhaus- und Arztbesuche. Für diagnostische Untersuchungen werden oft spezielle und teure Geräte benötigt, wie z.B. Elektroenzephalogramm (EEG)-Geräte, die nur im klinischen Bereich verfügbar sind. Bei diesem in der Regel nicht-invasiven Verfahren werden Elektroden auf der Kopfhaut angebracht, um die elektrischen Signale des Gehirns zu erfassen und aufzuzeichnen. Für längere Überwachungszeiträume (rund um die Uhr, auch im Schlaf) werden tragbare Systeme verwendet, um die elektrische Hirnaktivität kontinuierlich zu verfolgen und so die Daten während des Anfalls möglichst umfassend erfassen zu können. «Aufgrund der Stigmatisierung, die Menschen mit Epilepsie immer noch erleben, besteht ein dringender Bedarf an unauffälligen Lösungen, die eine Langzeitüberwachung neurologischer Störungen im realen Leben ermöglichen», erklärt Prof. Kaspar Schindler, Direktor des Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrums und von NeuroTec an der Klinik für Neurologie des Inselspital, Universitätsspitals Bern.
Medizinische Einschränkungen zusätzlich zu individuellen Beschwerden
Trotz bedeutender Fortschritte unterliegt die EEG-Überwachung immer noch erheblichen medizinischen Einschränkungen. Eine dieser Einschränkungen besteht darin, dass sowohl das EEG am Tag als auch die Schlafstudien unter künstlichen Bedingungen durchgeführt werden, wodurch klinisch bedeutsame Befunde möglicherweise maskiert oder verstärkt werden können. Darüber hinaus können Faktoren wie Bewegung oder Muskelaktivität die EEG-Messungen beeinflussen, was zu falschen Ergebnissen oder zur Nichterkennung von Anfällen führen kann. Genaue Messungen der Krankheitsdynamik erfordern oft eine wiederholte Überwachung, aber Faktoren wie begrenzte finanzielle Mittel, logistische Probleme und geografische Entfernungen können regelmässige Besuche bei den Fachärzten verhindern. Darüber hinaus können die derzeit für die Überwachung verwendeten tragbaren Systeme aufgrund der Gel-Elektroden Unbehagen oder Hautreizungen verursachen. Sie müssen auch häufig aufgeladen werden und sind für Patienten, insbesondere für solche mit kognitiven Einschränkungen, schwer zu handhaben.
Patientenkomfort als vorrangiges Entwicklungsziel
Im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprogramms haben das CSEM und die Abteilung für Neurologie des Inselspitals, Universitätsspitals Bern die ULTEEM-Lösung (Ultra-Long-Term EEG Monitoring) für diesen bisher vernachlässigten medizinischen Bedarf entwickelt. Ihr Ziel war es, eine weniger beeinträchtigende Technologie zu entwickeln, die auf den patentierten aktiven Trockenelektroden des CSEM basiert. Für die anfängliche Tagesanwendung der ULTEEM-Lösung hat das interdisziplinäre Team die Trockenelektroden von CSEM in eine neue Vorrichtung integriert, die aus zwei Sensoren besteht, die an jedes Metall-Brillengestell angeklippt werden können. Die Sensoren werden über ein einziges Kabel verbunden, das nicht einmal besonders abgeschirmt oder isoliert sein muss (Cooperative Sensors). Trotz der einfachen Verbindungstechnik über den metallischen Brillenrahmen, der als Einzedraht dient, bleibt die Signalqualität konstant stark.