Die Schwangerschaft ist eine Zeit der Freude und des Glücks, aber sie kann wegen der Risiken für Mutter und Kind auch viel Stress und Ängste verursachen. Unter den verschiedenen Schwangerschaftskomplikationen ist eine der schwerwiegendsten und potenziell lebensbedrohlichen Erkrankungen die Präeklampsie, von der 3 bis 8 % der Schwangeren betroffen sind. Sie ist gekennzeichnet durch hohen Blutdruck und den Übergang von Eiweiss in den Urin, was zu Nierenversagen, Leberversagen, Krampfanfällen, Schlaganfall und letztlich sogar zum Tod führen kann. Frauen mit einer familiären Prädisposition für Präeklampsie, Mehrlingsschwangerschaften, bereits bestehendem Bluthochdruck, Übergewicht oder Diabetes haben ein erhöhtes Risiko.
Die Bedeutung der Früherkennung
Die genaue Ursache der Präeklampsie ist noch nicht bekannt, aber es wird vermutet, dass sie auf eine Unterentwicklung der Plazenta zurückzuführen ist, die den sich entwickelnden Fötus mit lebenswichtigem Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Wenn die Plazenta nicht optimal funktioniert, kann dies zu einer eingeschränkten Blutversorgung führen, die die Blutgefässe und Organe der Mutter schädigt.
Präeklampsie ist eine behandelbare Erkrankung und in den meisten Fällen erholen sich Mutter und Kind vollständig. Regelmässige Schwangerschaftsvorsorge und Früherkennung sind der Schlüssel, um die schweren Komplikationen einer Präeklampsie zu vermeiden. Traditionell wird Präeklampsie durch die Überwachung des Blutdrucks, Urin-Protein-Tests und Bluttests zur Untersuchung der Organfunktionen diagnostiziert. Diese Verfahren sind aber oft sehr zeitaufwändig, erfordern mehrere Arztbesuche und können deshalb bei werdenden Müttern Ängste auslösen. Ausserdem wird die invasive Art der Testverfahren manchmal unangenehm empfunden oder sie ist ungewohnt, was den Stress zusätzlich fördert. Die Wartezeit auf die Testergebnisse kann emotional belastend sein, weil sie die Sorge und Angst noch erhöht. Die Möglichkeit von falsch-negativen oder verzögerten Befunden stellt sowohl für die Mutter als auch für das Baby ein Risiko dar. Falsch-positive Befunde hingegen können die Gesundheitskosten durch unnötige Massnahmen und möglicherweise Krankenhausaufenthalte erhöhen.
Hoffnung für schwangere Frauen
Das in Basel ansässige Start-up MOMM Diagnostics ist auf die Entwicklung hochsensibler Diagnose-Schnelltests spezialisiert. Der erste in der Entwicklung befindliche Test ist ein neuartiger In-vitro-Diagnosetest zur Früherkennung von Präeklampsie, der in Zusammenarbeit mit Medizinern entwickelt wurde. Die multiplexe Point-of-Care-Testmethode von MOMM ist schnell, genau und minimalinvasiv und kann die Krankheit in einem frühen Stadium erkennen, dann, wenn eine Behandlung am wirksamsten ist.
«Wir analysieren zwei sehr spezifische Biomarker im mütterlichen Blut», sagt Mathias Wipf, CEO und Mitbegründer des Unternehmens. «Der Test ist 50-mal empfindlicher als herkömmliche Schnelltests und weist die beiden Biomarker mithilfe von Antikörpern in winzigen Konzentrationen von mehreren Pikogramm pro Milliliter nach. Die Spezifität und Sensitivität der in unserem Test verwendeten Biomarker sind deutlich höher als die der derzeitigen klinischen Diagnose.»
Für die Arbeit an einem elektrochemischen Biosensor zum Nachweis von Proteinen erhielt MOMM Diagnostics, ein Empa Spin-off, finanzielle Unterstützung von der Schweizer Innovationsagentur Innosuisse und vom Nano-Argovia-Programm des Swiss Nanoscience Institute. Weitere Beteiligte an dem Projekt waren die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und „Tools for Life Sciences“-Team des CSEM.
Schnelltest für die Diagnose in der Arztpraxis
«Das System ähnelt einem Schwangerschaftstest, aber mit elektronischer Ergebnisauswertung», erklärt der Unternehmer Wipf. «Dies ist ein weiterer Vorteil des neuen Tests: Der Papierstreifen kann mit einem kompakten Lesegerät ausgewertet werden, das auch eine quantitative Auswertung liefert.» Der Test kann im Rahmen der regelmässigen Besuche der Schwangeren bei ihren Gynäkologinnen und Gynäkologen direkt in der Praxis durchgeführt werden, der Versand der Blutproben an Speziallabors entfällt. Das spart wertvolle Zeit – Zeit, in der bereits mit der Behandlung begonnen werden kann.
«Die interdisziplinären Kompetenzen des CSEM waren ein entscheidender Faktor bei der Entwicklung innovativer Point-of-Care-Lösungen. Gemeinsam haben wir bereits früher bahnbrechende Technologien entwickelt, die das Potenzial haben, die Gesundheitsversorgung von Frauen weltweit zu verbessern. Jetzt freuen wir uns darauf, gemeinsam die Entwicklung dieser hochinnovativen Lösung voranzutreiben», erklärt Samantha Paoletti, Head of Research and Business Development, Life Science Technologies des CSEM.
CSEM und MOMM Diagnostics arbeiten auch im Rahmen des europäischen Projekts NewLife zusammen, dessen Ziel die Entwicklung einer Reihe innovativer Technologien zur Überwachung der Gesundheit von Frauen und Babys während der Schwangerschaft und der frühen Kindheit ist.
Mit diesen Projekten haben wir die Entwicklung unseres Prototyps finanziert“, betont Mathias Wipf. «Jetzt suchen wir Investoren, um die Technologie auf die nächste Stufe zu heben. Der Präeklampsie-Schnelltest von MOMM wird voraussichtlich 2025 auf den Markt kommen.» Aufgrund des grossen Marktpotenzials rechnet Wipf mit einem Umsatz im zweistelligen Millionenbereich innerhalb der ersten fünf Jahre. Am Standort in Basel, wo Forschung und Entwicklung sowie die Produktion angesiedelt sind, werden dann voraussichtlich 25 Fachkräfte beschäftigt sein.