Zwischen fünf und dreizehn Millionen Tonnen Plastik landen weltweit Jahr für Jahr in den Ozeanen. Diese Schätzung berücksichtigt die grossen, sichtbaren Plastikfragmente, aber nicht nur. Die Ökosysteme der Ozeane werden zunehmend durch Mikroplastik verschmutzt. Die millimeter- oder mikrometergrossen synthetischen Polymerpartikel werden von der Meeresfauna verschluckt, gelangen in die Nahrungskette und schädigen die Meeresökosysteme weltweit.
Gemäss kürzlich durchgeführten Studien stammen fast zwei Drittel dieses Abfalls von grösseren Gegenständen wie Plastiksäcken und -flaschen oder Fischernetzen, die im Meer zerfallen. Das verbleibende Drittel entsteht vor allem beim Abrieb von Autoreifen auf der Strasse sowie beim Waschen von Kunststofftextilien in der Waschmaschine. Zu den weniger bedeutenden Quellen gehören Kosmetikprodukte, denen Kunststoffpartikel beigemengt werden.
Die Meereswissenschaft weiss noch sehr wenig über die tatsächliche Verbreitung von Mikroplastik in unseren Meeren und deren grösseren Auswirkungen auf die Umwelt. Die Mikroplastikkonzentrationen können von einer Meeresregion zur nächsten beträchtlich schwanken, da sie stark von den Meeresströmungen beeinflusst werden. Die heutige Stichprobenerhebung ist zeitintensiv und liefert lediglich Momentaufnahmen der Situation an ganz bestimmten Orten.
Bei CSEM arbeiten die Ingenieurinnen und Ingenieure am EU-finanzierten Projekt NAUTILOS mit (siehe Kasten), um einen neuartigen Sensor zu entwickeln, der in situ die Konzentration und die Partikelgrössenverteilung von Mikroplastik in europäischen Gewässern erfasst. Das System soll 2023 zusammen mit einem Dutzend weiterer Messinstrumente in einer FerryBox auf den Schiffen einer norwegischen Flotte die Meere befahren. Der Sensor wird während der gesamten Fahrt eines Schiffes auf einer festgelegten Route mehrere autonome Messungen vornehmen, um die Verschmutzung der Meere zu kartieren.
«Derzeit fehlt es an der erforderlichen Technologie zur langfristigen und systematischen Erfassung von Daten. Solche Daten sind jedoch entscheidend, um die Langzeitauswirkungen und Trends der Mikroplastikverteilung im Meer zu untersuchen», sagt Bert van Bavel, Chief Scientist am Norwegian Institute for Water Research (NIVA).
Dank der Entwicklung dieser neuen Technologien wollen Meeresforscher die Grenzen der derzeitigen Ausrüstung für die Probenahme und Analyse im Feld überwinden. Es geht darum, die erforderlichen Grundlagendaten zu beschaffen, um die Gefahren und Auswirkungen von Mikroplastik auf die Meeresumwelt besser einschätzen zu können.
Ein innovativer und erschwinglicher Sensor für Mikroplastik
Das CSEM-Forschungsteam in Graubünden (Schweiz) plant, bei ihrer Nachweismethode Fluoreszenz einzusetzen – ein robuster, kostengünstiger und vor allem einfach zu handhabender Ansatz.
Das von der Partnerorganisation NIVA entwickelte Fluidik-System wird Partikel aus dem Meerwasser filtern, Mikroorganismen entfernen und das Mikroplastik mit einem fluoreszierenden Farbstoff anfärben. Diese gefärbten Plastikproben werden in regelmässigen Abständen durch das Sensorgerät von CSEM geleitet, wo der gefärbte Kunststoff Licht aussendet, dessen Farbe und Intensität sich je nach Art des Plastiks und Grösse der Partikel unterscheidet. «Das Ziel ist es, eine Detektionstechnologie zu entwickeln, die Mikroplastikpartikel in der Grössenordnung von 30–300 µm zuverlässig erkennen und idealerweise auch zwischen den verschiedenen Plastikarten unterscheiden kann», sagt Stefano Cattaneo, Section Head Optoelectronic Systems bei CSEM. «Bis ein autonomes Sensorsystem realisiert ist, das auf einer Fähre eingesetzt werden kann und das wochenlang ohne Benutzereingriff im Dauerbetrieb arbeitet, gibt es noch viele Hindernisse zu überwinden.»
Das Projekt NAUTILOS wurde Ende 2020 lanciert und befindet sich noch in der Anfangsphase. Die CSEM-Ingenieurinnen und -Ingenieure ihrerseits verbessern laufend das Design des Mikroplastiksensors und bereiten sich auf die nächsten Entwicklungsphasen vor.
Quellen:
Das Projekt NAUTILOS wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union im Rahmen der Finanzhilfevereinbarung Nr 101000825 gefördert.