Die erste Quantenrevolution brachte so bahnbrechende Technologien wie den Transistor oder den Laser hervor, ohne welche die heutigen Computer, Mobiltelefone oder das Internet völlig undenkbar wären. Heute ist es die neu erworbene Fähigkeit, fundamentale Quanteneigenschaften von Systemen und Materialien zu manipulieren, welche den Weg für eine zweite Quantenrevolution bereitet. Diese wird entscheidende Fortschritte in verschiedensten Anwendungsbereichen wie z.B. im Gesundheitswesen oder der Transport-, Energie-, Umwelt- oder Sicherheitstechnologie hervorbringen.
Um dabei die Vorreiterrolle einzunehmen und das enorme Potential der Quantentechnologie auszuschöpfen, ist aktuell ein globaler Wettlauf im Gange. Die mit 1 Milliarde Euro Budget ausgestattete Quantum Flagship Initiative der EU Kommission soll Europa an der Spitze dieser zweiten Quantenrevolution positionieren, indem sie Projekte fördert, die das gesamte Potential der Quantentechnologie ausnutzen und neue Produkte bis zur Marktreife entwickeln.
Sensorleistungen bis an die Grenzen der Naturgesetze
Als Wegbereiter für die ersten Errungenschaften in dieser neuen Ära der Technologie gelten die Quantensensoren. Von ihnen wird eine drastische Leistungssteigerung bei Geräten für den Massenmarkt erwartet, dies gilt ebenso für spezialisierte medizinische Dienstleistungen oder für zukünftige Anwendungen im Internet der Dinge. Sie könnten auch der Schlüssel zu komplett neuen Möglichkeiten, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, sein. Als Teil der Quantum Flagship Initiative wird das macQsimal Projekt das Potential von atomaren Dampfzellen ausnutzen, um eine neue Generation von hocheffizienten Sensoren zu entwickeln.
Das Projektkonsortium wird vom CSEM koordiniert und umfasst 14 Partner, welche die ganze Wissenskette von akademischer Grundlagenforschung bis hin zur industriellen Anwendung repräsentieren. „Wir haben ein Jahrzehnt damit verbracht, miniaturisierte Atomuhren und andere miniaturisierte Systeme zu entwickeln, deren quantentechnologische Grundbausteine – atomare Dampfzellen – Sensoren mit phänomenaler Leistung ermöglichen könnten. Das könnte in vielen Bereichen zu riesigen Sprüngen nach vorne führen." erklärt Mario El-Khoury, CEO des CSEM. „Ein neuer Sensortyp könnte zum Beispiel die 3D-Orientierung von selbstfahrenden Autos erheblich steigern oder die Messung der Hirnaktivität revolutionieren.“ ergänzt Jacques Haesler, Senior Project Manager am CSEM und Projektkoordinator von macQsimal.
Starke Beteiligung aus der Nordwestschweiz
Neben dem CSEM ist die Universität Basel Teil des Projekts. „An der Universität Basel haben wir bereits seit Jahren einen starken Forschungsschwerpunkt im Bereich der Quantentechnologie“, erläutert Professor Philipp Treutlein vom Departement Physik. „Im Projekt macQsimal werden wir Methoden entwickeln, um die Empfindlichkeit der atomaren Sensoren so weit zu steigern, dass sie nur noch durch die Gesetze der Quantenphysik begrenzt sind. Die Zusammenarbeit von führenden Universitäten mit dem CSEM und der Industrie ist dafür ideal.“
Die schweizweite Bedeutung des CSEM wird in diesem Projekt besonders deutlich, da neben dem Hauptsitz in Neuenburg auch das CSEM Zentrum Muttenz, mit seinen optischen Systemen basierend auf optischen Wellenleitern und diffraktiven nanooptischen Elementen, wesentlich an dem Projekt beteiligt ist. Diese Elemente können u.a. in miniaturisierte Atomuhren für die Telekommunikation sowie in Magnetometern zur Erfassung von magnetischen Signalen des Gehirns und des Herzens integriert werden. „Die Entwicklungen aus dem Projekt macQsimal können zu breiten Anwendungen im Bereich von biomedizinischen Sensoren mit grossem Potential für die Region führen“, ergänzt Christian Bosshard, Leiter des CSEM Zentrums Muttenz.
Kick-start einer dynamischen und sektorenübergreifenden Sensorindustrie in Europa
Die Mission von macQsimal ist es neue Sensoren, deren Leistung unter Ausnutzung von Quanteneffekten deutlich verbessert wurde, so weit in Richtung industrieller Anwendung zu bringen wie nie zuvor. Um das zu erreichen, wird Sensorphysik auf dem neuesten Stand der Forschung kombiniert mit mikrogefertigten (eine sog. MEMS-Technologie) atomaren Dampfzellen. Dies erlaubt eine Massenfertigung mit hoher Zuverlässigkeit bei geringen Kosten. Gleichzeitig werden verbesserte Rauschunterdrückung, Verschränkung und Methoden der Resonatorquantenelektodynamik in den miniaturisierten Sensoren eingebaut.
Das Endresultat wird eine fortgeschrittene und vielseitig anwendbare Technologieplattform sein, die herausragende Empfindlichkeit für folgende physikalische Messgrössen bietet: Magnetfeld, elektrisches Feld, Zeit, Drehrate und Gaskonzentration. Basierend auf dieser Technologieplattform wird das Konsortium Geräte-Prototypen entwickeln für Anwendungen in der autonomen Navigation, nicht-invasiver medizinischer Diagnostik und dem Medikamentennachweis.